I dressed a "Drag" and I liked it!
- Stefanie Ihling
- 19. Apr. 2018
- 5 Min. Lesezeit
Hallo Ihr Lieben! Schön das es euch wieder in meine kleine "Online-Ecke" verschlagen hat. Heute habe ich mal keine Nähanleitung auf Lager, auch wenn ich in den letzten Wochen nicht ganz untätig war. Wundert euch bitte nicht, wenn dieser Beitrag völlig anders klingt als alle Anderen. Wie der Titel schon verrät, bin ich mit meinen Nähkünsten nun in der schrillen Welt der Travestie gelandet. Falls sich einige von Euch jetzt fragen wie man von Patchworkdecken und Kosmetiktaschen für Anfänger zu Travestie kommt kann ich Euch nur sagen, so richtig weiß ich es auch nicht. Ich versuche Euch mal einen kurzen Abriss der Fakten zu geben.
Seit einigen Jahren habe ich einen guten Freund der nebenberuflich für diverse Veranstalter die hohe kunst der Travestie vollführt. Eben diesem jenen Freund sollte ich kurzer Hand und sehr spontan mal eine aufgegangene Naht schließen. Offensichtlich überzeugte ich mit meinen Nähkünsten so sehr, dass seit dem in regelmäßigen Abständen haufenweise Bühnenkleider, Gala-Roben und diverse Stoffaccessoires unaufgefordert auf meinem Nähtisch landen. Dazu kann ich Euch nur sagen, nichts auf der Welt ist schlimmer als Pailletten auf Satin und ich weiß jetzt warum Dragqueens DragQUEENS heißen und nicht Drag-das-geht-schon-so.

besagte Dragqueen "Miss Mellie Malheur"
To make the long Story short, lasst mich Euch von meinen letzten, durchaus nervenaufreibenden Wochen mit einer Kundin der besonderen Art berichten.
Da hat man diese Person zur Freundfreundin (#Gendercorrectness), die kommt mit den wildesten Vorstellungen aus dem Bereich der Haute Couture und man muss zusehen wie man es umsetzt. Ich kann Euch garnicht mehr genau sagen, wie viele Kostüme und Bühnenoutfits mir durch die Hände geglitten sind. An ein paar spezielle kann ich mich aber noch genau erinnern, warscheinlich weil sie mich in meinen Träumen verfolgen... an genau diesen und deren Erstellung möchte ich Euch nun teilhaben lassen. Wie gesagt bin ich kein Profi. Ich nähe nur Hobbymäßig und habe mir das alles selbst beigebracht.
Bühnenoutfit Nummer 1: Von mir liebevoll "der rote Vogel" genannt.


Bei diesem sehr latina-mäßigem Bolero-Shoulder-Dress hatte ich das Glück, dass das Grundkleid frei Haus per Ebay kam. Meine Aufgabe bestand darin, das Kleid der künstlichen Körperform der Protagonistin anzupassen. Ihr müsst wissen das Dragqueen-Körpermaße durchaus äußerst variabel sein können. So werden zum Beispiel die Oberweite und die Hüfte durch Zuhilfenahme verschiedener Silikonpads dem gewünschten Ideal angeglichen. Das heißt für uns Näherinnen zum Abstecken des Kleides erscheint der Kundin zwar mit korsettgeschnürter Taille und gepadeter Hüfte sowie Oberweite, aber leider ohne passendes Make-Up und Perücke.
Nachdem man den ersten Lachanfall überwunden hat setzt man dann entsprechend der künstlichen Silhouette die Abstecknadeln für die Abnäher.
Stefffs Tip: die zu ändernden Kleider am besten immer von links anziehen lassen, macht sich besser zum Abstecken!
Wie bei allen Kleidern von Mellie ist es natürlich mit dem anpassen der Körpermaße nicht getan.
Ich sollte die sich im vorderen Bereich befindlichen Feder- und Strassapplikationen von einem ausgetragenen Kleid feinsäuberlich abtrennen um sie per Hand auf das neue Kleid wieder aufbringen. Die Schwierigkeit bestand darin den genauen Brustansatz so zu treffen, dass die sich irgenwann dort befindende Brust auch passgenau in die Schale rutscht. Außerdem ergab sich die Schwierigkeit, dass der Besatz und das Grundkleid aus zwei völlig unterschiedlichen und eigentlich auch ziemlich unkompatiblen Stoffen bestand. Sicherlich muss ich jetzt nicht erwähnen das diese Tatsache Mellie absolut egal war, da sie das fertige Keid in ihrer Vorstellung bereits trug. Nachdem ich den Besatz drei Mal an- und wieder abgenäht hatte, saß er dann endlich so wie die Künstlerin sich das wohl vorstellte. Dankend belohnte sie mich damit, dass ich anschließend auch noch einen Schlitz in das Kleid einbringen und umsäumen durfte.
Offenbar hatte ich ihre Vorstellungen erfüllt, denn wortlos ging es zum nächsten Kleid.
Nummer 2: "the evil queen" oder mein Alptraum.

So schön Euch dieses Kleid jetzt vielleicht auch erscheinen mag, so sehr hasse ich es. Am Anfang dieses Kleides flogen ein schwarzes Etiu-Kleid, gefühlte 20 Tutus und eine Federstola auf meinen Nähtisch. Ich höre in meiner Erinnerung immernoch die klangvollen Worte: "Ich sehe was von Valentino vor mir! - nicht Valentino heute sondern Valentino Haute Couture aus den 60ern!" und dann noch beiläufig schon im gehen: " ...ach und ich brauche es bis Mittwoch!!!". Dann verschwand es so schnell es gekommen war wieder durch die Tür. Nach kurzer telefonischer Rücksprache später am Tag wurde mir erläutert, dass aus dem kurzen Cocktailkleid jetzt ein langes werden soll. Die Tutus müssten sich abfallend nach unten in einer art Jabot-Technik ausbreiten. Ihr könnt Euch vorstellen das ich zuerst mal Google zu dem Thema befragen musste. Ich kam dann zu der Erkenntnis das es sich bei der Technik um das Volantartige, kreisförmige Annähen von rundgeschnittenen Streifen handelt, bei dem sich ein bestimmter Welleneffekt ergibt.
Dem nicht genug sollten trapezförmig im Dekoletet mords Straßsteine angberacht werden (natürlich per Hand... is ja klar...). On Top würde die mitgebrachte Federstola als eine Art Shoulderpad fungieren.
Nachdem ich nun bereuender Weise meine Instruktionen hatte, habe ich damit begonnen die Tutus der Größe nach, von klein nach groß, an den unteren Saum des Kleides anzunähen. Anschließend habe ich die Federstola an der Schneiderpuppe drapiert und per Hand angenäht. Genauso habe ich die Straßsteine nach genauer Vorgabe angebracht. Ich dacht mein Werk wäre vollbracht und die Künstlerin wäre zufrieden. Leider stellte sich bei der Anrobe heraus, dass durch das komplette Rundnähen der Tutus an das Kleid nicht mehr die benötigte Gehfreiheit gewährleistet war. Stefffs Tip: beim Anbringen solcher Tutus zum erzeugen eines Volantrockes, unbedingt im Zickzackstich arbeiten, damit dieElastizität der Naht bestehen bleibt! Ich habe also den ganzen Wust wieder abgerissen und alle Tutus erneut im Zickzackstich angenäht. Leider erfüllte auch das nicht den Zweck, da dieses Kleid als Tanzkleid gedacht war. Nach mehrmaligem Prüfen wurde beschlossen es vorne aufzuschneiden.. Zum einen hatte ich keinen Bock alles nocheinmal abzutrennen und andererseits aus Zeitmangel auch keine zündenden Ideen mehr. Steffs Tip: unbedingt vorher abklären für welchen Zweck das Kleid verwendet werden soll!! (kennt ihr die Folge von den "Simsons" in der Marge im Second Hand Shop ein Chanel-Kostüm kauft und es dann so oft ändert bis es auseinanderfällt?...)


Die viele Arbeit hat sich ohne Frage gelohnt, aber ich kann Euch sagen, ich träume heute noch davon wie ich von bergen aus Tüll angegriffen werde. Zu guter letzt zeige ich Euch jetzt noch die Kombination aus der schwarzen und der weißen Königin. Das weiße Kleid war früher mal zwei Kleider. Den Ausschnitt habe ich geschlossen, damit man die künstliche Silhouettenhalterung nicht sieht.. ist ja klar. Praktisch ist auch, dass eben diese künstliche Silhouette ziemlich genau meiner Konfektionsgröße entspricht. Ich kann also jetzt auch aus einem pompösen und paillettenreichen Haut Couture Fundus schöpfen.

Hier sind noch weitere Fummelchen an denen ich herumgeschnippelt habe:
Soviel nun erstmal zu meinem kleinen Ausflug in die Glamouröse Welt der "Miss Mellie Malheur" ...und was soll ich sagen ...
... there`s more to come!
Eure Stefff













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